Das DBA Kurzfilmfestival – das aus der Veranstaltung “Der bewegte Abend” hervorgegangen ist – gilt nicht umsonst als das verkopfteste Festival Schleswig-Holsteins. Hier wird gezeigt, was woanders Schreien und Weinen ausgelöst wird, also bei denjenigen, die auf Mainstreamfilme stehen. Aber das ist auch das Schöne an diesem kleinen Festival, denn nur hier knallen Unterhaltung und Intellektualität auf charmante Art und Weise zusammen. Immer wieder ein Fest, auch für die Redaktion von filmszene-sh.de
Kunst und schwarzer Humor
Man behauptet ja weithin, das der Kunstfilm keinen Humor hat. So etwas können eigentlich nur Menschen behaupten, die sich keine Kunstfilme ansehen. Allein das bubenhafte Lächeln von Sven Bohde, der mit seinem Kurzfilm “Kaffeedate” dann auch glatt den “Charmpreis” gewann zeigt, alles nur Menschen, die viel Spaß an der Sache mitbringen.
Gleich zwei Preise – den Hauptpreis und den Publikumspreis – räumte das “Bärtierchen” von Kerstin Welther ab, die nach eigenen Angaben nur erklären wollte, was Tardigrade sind und es einfach nicht lassen konnte, für Filmfans einen Haufen Eastereggs zu verstecken. Ebenfalls nicht auf den Mund gefallen ist der zweite Sieger “Je t’aime” von Peter Ahlers und Patricia Moresmau, die in verkehrten Geschlechterrollen das Musikvideo des französischen Popklassikers aufs Korn nahmen. Ohne Rücksicht auf Verluste, katholische Nonnen wären an diesem Abend reihenweise tot umgefallen.
Kunst und schwarzer Humor
Die Studierenden der Muthesius Kunsthochschule sind inzwischen Dauergast bei diesem Festival. Hannes Fleckstein nahm es mit der Parallelmontage sehr ernst und haut im Rhythmus der Musik von Thomas Klotzki dem Zuschauenden Ansichten über die Pornografie um die Ohren. Hohe Kunst, die wehtut und fasziniert. “Loving You” von Edwin Hosoomel kommt als feinfühliges Musikvideo daher. Auch mein Film “Lifeboats” hatte an diesem Abend Weltpremiere und zeigt Instagram-Aufnahmen, die langsam von realem Material (16mm) zerstört werden, um die Konfusion zwischen europäischen Werten und den ertrinkenden Flüchtlingen im Mittelmeer zu zeigen.
Küsti Fraun reduziert die Bedeutung der Börse auf das wesentliche und verbildlich mit “Börse nach acht” die Börse nach acht. “Lara & Fedja” ebenfalls reduziert erzählt in Form von ASCII-Art eine sehr tragische und schwarzhumorige Geschichte. Erstellt von Thomas Rader. Mit “Blaue Stunde” erinnert Jörg Meyer an das Schiffsunglück der Titanic, ebenfalls reduziert auf zwei Bilder, die den Text umso eindringlicher machen.
Johanna Jannsen zeigte ihre Kurzdoku “Mein Vater”, mit der sie 2017 den Nachwuchspreis Schleswig-Holstein gewann. “Der Unfall” ist ein Film von Geflüchteten, der aus einem Projekt von Claus Oppermann hervorgegangen ist. “Handy aus, sonst Fresse weg” von Peter Ahlers, ein humoriger Trailer, der in jedem Kino gezeigt werden sollte. Aber Achtung, kann Blutspritzer auf dem Hemd verursachen.
Nächster Jahr gerne wieder. Das DBA Kurzfilmfestival zeigt erneut, dass es eine Institution in Kiel ist.
20 Jahre sind eine lange Zeit. In dieser Zeit konnten im Studiengang Multimedia Production an der Fachhochschule Kiel einiges an Kurzfilmen, Animationen, Imagefilmen und alles was mit Medien zu tun hat,produziert werden. In der langen Nacht der kurzen Filme am 23. November durfte die Créme de la Créme der studentischen Filme nochmal über die Leinwandflimmern.
Bericht von Jill-Tatjana Gibson
Das Treffen der MMP-Generationen
Vor dem Studio Filmtheater am Dreiecksplatz stehen erwartungsvolle Gesichter. Es werden Umarmungen, nette Worte und Handynummern ausgetauscht. Eine Menschenmenge aus aktuellen und ehemaligen Studierenden, Professorinnen und auch interessierten und mitgeschliffenen Partnerinnen tummelt sich vor dem Einlass.
Bei der langen Nacht der kurzen Filme gab es viele Emotionen, Reden und genauso viel Bier und Blumen. Bei 25 Filmen aus 20 Jahren MMP war zudem viel zu bestaunen.
Peter Hertling in „Bunkerwoche“
Die Begrüßungsrede von Prof. Dr. Udo Beer, dem Präsidenten der Fachhochschule Kiel, lieferte einen guten Einblick in die Anfänge des Studienganges, als es die zahlreichen Angebote wie die Campuszeitschrift „Viel.“, das Campus Radio oder CampusTV noch nicht gab. Er erinnerte an die Zeiten, in denen das Equipment noch rudimentärer war als heute und die Studierenden noch auf einen Platz an den Schnittplätzen warten mussten. Wo die Kameras noch größer und schwerer waren. Und wo es noch Windows 97 gab und Godzilla eine Puppe statt einer Animation war. Auch Prof. Dr. Vesper erinnert sich gerne zurück, an die neue „eierlegende Wollmilchsau“, als das der Studiengang zu Beginn gegolten hatte. Eine Idee aus Amerika, die eine Verbindung zwischen Redaktionsarbeit und Videoproduktionstätigkeit herstellte.
Das Highlight war jedoch eine Überraschung, die besonders eine Person ehrte: Prof. Peter Hertling. Er begleitete viele FH-Studenten während ihrer Filmprojekte und ist mehrfach im Abspann erwähnt, erzählt Svea Christiansen, welche gemeinsam mit Samir Chawki den Abend moderierte. Als Dankeschön und Wertschätzung für seine Arbeit wurde der neue Filmpreis der Fachhochschule Kiel nach ihm benannt. Ab dem Jahr 2019 wird nun jedes Jahr der Peter Hertling Filmpreis für den besten Studierendenfilm verliehen.
25 Filme aus 20 Jahren Multimedia Production
Der Abend war ein auf und ab der Gefühle. Nach den herzlichen Reden wurde eine schöne Auswahl der studentischen Filme dargebracht. Im ersten Block ließen die Filme die Tränen fließen – vor Lachen. Spätestens bei der Neuvertonung von Frozens „Willst du einen Schneemann bauen?“, bei der es um Staub statt um Schnee geht, blieb kein Auge mehr trocken. Der zweite Block enthüllte düstere, gruselige und surreale Titel, bei denen schwache Gemüter lieber den Saal verlassen sollten. Ein rundes Ende bildete die Pilotfolge der Webserie „Fassaden“ aus dem Jahr 2018. Ein Architekt, ein Auftrag, eine schwere Krankheit – und seine Familie. Und alles droht zu zerbrechen. Eine 13-minütige Folge, die Lust auf mehr macht und es schon in den ersten Minuten schaffte, den Zuschauer zu fesseln. Nach dem offenen Ende hörte man viele Stimmen fragen, wann und wo man die Serie denn weiter bestaunen könne.
Das Projektteam von „20 Jahre MMP“, bestehend aus Felix Kilian, Anna Magdalena Nagl, Daja Godbersen und Jonathan Drewitz, hat für den Abend einen Filmmix herausgearbeitet, bei dem für jeden etwas dabei war und zeitgleich einen tollen Überblick über die Projekte der Medienschaffenden brachte. Wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre und viele weitere Filme!
Webserie „Fassaden“
Filme im Überblick
MMP Recruiting film L. Braband, G. Hess, N. Beck, C. Kirchner, L. Klindt Dauer: 03:30 Viele Studierende haben sich gefragt: Warum sollte ich MMP studieren? Antworten darauf liefert dieser Recruiting-Film.
Bunker-Video F. Karstens, P. Spieck Dauer: 04:30 Wer kennt es nicht? Man möchte in Ruhe fernsehen, aber die Scheißkiste läuft nicht. Wenigstens ist das Programm, was man ab und zu mal sieht, außergewöhnlich gut.
Karl L. Dregger, M. Schneider, E. Wibbelt, T. Görldt, F. Dillmann, T. Christiansen Dauer: 09:56 Weihnachten – das Fest der Liebe für die einen. Ein Tag wie jeder andere für Karl. Mit einer Ausnahme: Seine Eltern sind an Heiligabend verstorben. Jedoch gibt es einen Lichtblick.
Student sein N. Meier, E. Mispelbaum, T. Sachert, D. Meier, J. Meier, L. Mispelbaum Dauer: 05:46 Es ist nicht einfach als armer Student. Wohnung, FH, Arbeit, die notgeile Hausfrau… den ganz alltäglichen Wahnsinn zu bewältigen ist schon schwierig.
Don Erdal – Ich trinke 14 Kaffee Regie: Don Erdal Dauer: 03:20 Studenten feiern. War immer so, wird immer so sein. In einem Musikvideo manifestierter Kneipenabend mit allem, was dazu gehört.
Wolle 30 Grad L. Immertreu, L. Klenke, L. Beyer, S. Degenhart, K. Pfau, M. Schmidt, P. Martel, J. Langhein, S. Sichtermann Dauer: 09:43 Eine Flaschenpost in der Waschmaschine? Merkwürdig. Das Ganze mehrere Male? Noch merkwürdiger. Vielleicht steckt ja mehr dahinter?
Snailed It M. Pilch, S. Witt Dauer: 01:09 So eine süße Schnecke… so oder so ähnlich waren wohl die Gedanken der anderen Schnecke, bevor sie von einem animierten Flügel zerquetscht wird. Oder doch nicht?
The Mission L. Huxhold, A. Pollmann Dauer: 01:16 Der arme Roboter… hoffnungslos in einem Raum eingesperrt. Er versucht zu entkommen. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.
Dust – Völlig eingestaubt M. Waskow, C. David Dauer: 02:30 Eine herzerwärmend-ironische Neusynchronisation vom Lied “Willst du einen Schneemann bauen?” aus Frozen. Es geht jedoch um Staub statt Schnee. Und nimmt sich selbst nicht allzu ernst.
Ins Herz geschlossen L. Ziebell, M. Pilch, S. Witt, B. Lorenzen, M.Pilch, A. Hauschild, P. Burtz Dauer: 05:00 Ein Ring, Blumen, der Anzug, Pralinen… der große Tag ist gekommen. Einen Antrag zu machen ist nicht leicht. Perfekte Vorbereitung ist aber schließlich der Schlüssel zum Erfolg.
TESA Making-of T. Riedel Dauer: 03:41 Hinter einem erfolgreichen Werbefilm gehört natürlich auch ein Team mit Know-How. Sehen Sie hier, wie ein hochprofessionelles Corporate Video entstanden ist.
Imagefilm: Kultursphäre A. Hauschild, S. Hoyer, I. Rott, L. Ziebell Dauer: 01:28 Kunst und Kultur helfen Menschen, zu entspannen und abzuschalten. Die App “Kultursphäre” hilft dabei, entsprechende Orte und Veranstaltungen finden. Dieser schöne Imagefilm zeigt, was es in Schleswig-Holstein zu entdecken gibt.
Herr Hartmann zieht aus M. Gdanitz, J.Wilkens, J. Figura, K. Richter-Langbehn, K. Pfau, C. Bill Dauer: 05:35 Eine neue Wohnung ist wie ein neues Leben. Eine zu bekommen ist allerdings schwer. Zum Glück zieht Herr Hartmann aus.
Skatecop CampusTV C. Peters, L. Bettels Dauer: 03:45 Mike Litoris’ Kultfilm “Skatecop” soll neu aufgesetzt werden. Jedoch fehlt das benötigte Geld. Eine Kurzreportage von CampusTV.
Behind the Scenes: Fassaden M. Dahm, L. Wiegand Dauer: 07:13 “Fassaden” ist eine konzipierte Webserie, zu der eine Pilotfolge gedreht werden sollte – mit sehr viel Aufwand. Was alles dahinter steckt, sehen Sie in diesem Behind the Scenes.
Herz an Bord K. Peters, L. Günther, C. Klipp, F. von Tschammer und Osten Dauer: 03:19 René Mathieus Kulthit ist ein Kassenschlager sondergleichen. In diesem exklusiven Musikvideo enthüllt der Künstler, was hinter dem Song steckt.
String (Englisch) schweitzer media Dauer: 00:52 Was gehört zu einem guten Film? Was gehört zu einem Kurzfilm? Was muss ein Team leisten, damit er gut wird? Ein kurzer Trailer für die Short Film Competition.
Dithmarscher Rollstuhlmassaker L. Beyer, L. Klenke, D. N. Pahm, M. Schmidt, J. Zimmermann Dauer: 03:02 So eine süße Schnecke… so oder so ähnlich waren wohl die Gedanken der anderen Schnecke, bevor sie von einem animierten Flügel zerquetscht wird. Oder doch nicht?
Refurbysh T. Geissinger, F. Zeidler, L. Schlott, P. Lendzian, P. Schluck, P. Hahn, J. Gleichmann Dauer: 05:00 Eigentlich sind sie ja ganz niedlich, die kleinen Furbys. Aber gleichzeitig auch ein wenig unheimlich. Und zu grausamen Taten fähig.
Happy Place S. Rosenberg, K. Bickhoff, M. Kühl, T. Jahnke, B. Seiz, S. Theophil Dauer: 14:18 “Happy Place” – eigentlich ein schöner Ort; “Ein Zustand der Glückseligkeit”. Eigentlich. Während einer Apokalypse, wo (fast) alle Menschen tot sind ein fragwürdiger Begriff…
Arbitrium P. Albers, T. Näve, J. Pralle, G. Dethlefsen, K. Mohrfeldt, M. Wiechmann, R. Kolbert Dauer: 18:42 Ein Mafiaboss verliert seine Ehefrau bei einem schrecklichen Missverständnis. Durch diesen harten Verlust lässt er seinen Sohn zu einem klärenden Gespräch aufsuchen, um die Situation zu bereinigen.
Null F. Behrens, L. Huskamp, F. Kottek, N. Steinkamp, E. Wetendorf, U. Schmidt Dauer: 05:00 Eine blaue Mappe nach der anderen zu lösen ist sein Job. Kinderkram. Doch auf einmal eine Rote. Sie ist unlösbar, mit fatalen Folgen.
Lotta is King / The Lost Ones (englisch) D. Lochmann, R. Raab, V. Oechsle, N. Singh, L. Unterbäumer, A. Friedrich, M. Kopp, R. Brodrecht, J. Dammers Dauer: 18:36 “You are mine.” – ein Satz, der von nun an Lottas Leben prägt. Sie versuchte, ihrer Vergangenheit zu entkommen, die Gegenwart ist aber noch grausamer.
The Dead Meat (Englisch) P. Scholz, F. Gregor, W. Subow, R. Borowski, T. Moritz, F. Roggel Dauer: 11:19 Ein Serienmörder, der bereits sechs Frauen grausam getötet hat. Nun soll die siebte folgen. Doch er arbeitet unpräzise – er wird beobachtet. Oder gehört das zu seinem Plan?
Fassaden Dauer: 12:58 Ein Architekt, ein Auftrag, eine schwere Krankheit – eine Familie. Und alles droht zu zerbrechen. Eine beeindruckende Pilotfolge einer Webserie.
Am 2.12. um 17:30 Uhr beginnt im Studio-Kino am Dreiecksplatz in Kiel der Drehbuchpreis-Event mit der Live-Lesung der nominierten Drehbücher und der anschließenden Vergabe des Publikums- und Jury-Preises. Für die Fach-Jury, die über die Vergabe des Drehbuchpreises Schleswig-Holsteins entscheidet, konnten hochkarätige Namen gewonnen werden. Drehbuchautorin Ruth Toma sowie Regisseurin Rosa Hannah Ziegler sind beide bereits u.a. mit dem Adolf-Grimme-Preis für ihre Arbeit ausgezeichnet worden. Bernd-Günther Nahm, ehemaliger Leiter der Filmwerkstatt Kiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, hat sich über Jahrzehnte für die Filmcommunity in Schleswig-Holstein verdient gemacht und unzählige Filmprojekte begleitet.
Die nominierten Drehbücher und Autor*innen: „Boje“ von Robert Köhler „Ein Anruf“ von Jackie Gillies „Saustall“ von Luka Peltzer „Sch(t)rebergarten“ von Jantje Knecht „Später mit Hut“ von Anissa Taibi
Sechs
Sprecher*innen, Schauspieler*innen und Musiker*innen werden bei der
Preisverleihung am 02. Dezember werden dafür sorgen, dass die Geschichten
hinter den Filmen für einen Abend im Mittelpunkt stehen. Sie tragen in einer
szenischen Lesung alle nominierten Drehbücher vor, ehe die Autorinnen und
Autoren ihre Stoffe im entspannten Gespräch kurz vorstellen.
Sarah
Vogel
(Sprecherin, ehemalige Moderatorin der delta radio Morningshow)
SamuelBereuther (Filmemacher, Schauspieler)
Ritta Hegnet Kristensen (Schauspielerin)
Der Drehbuchpreis Schleswig-Holstein ist mit einem Preisgeld von 1.000 Euro dotiert und wird ergänzt durch Workshops und Sponsorings, um des prämierten Drehbuchs zu unterstützen. Zusätzlich stimmen die Zuschauer am Abend der Preisverleihung über einen Publikumspreis ab.
Das Cinestar in Leipzig ist ein Kino, in dessen roten Plüschsesseln der Zuschauer gemütlich zurücksinken und sich ganz dem Film widmen kann. Doch bei den meisten Filmen, die auf dem diesjährigen internationalen Festival für Dokumentation- und Animationsfilm (kurz DOK) in Leipzig laufen,werden auch diese Sessel unbequem: zu viele der Filme legen nur zu genau den Finger in die Wunde, zeichnen die schwierigen Fragen unserer Zeit erschreckend nach. Auch zwei Filme aus Schleswig-Holstein sind mit im Rennen um die goldene Taube und nach und nachsickert auch beim Publikum durch, dass auf der DOK dieses Jahr wieder der ein oder andere Skandal lauert.
Bericht von Anna Lena Möller
Einer der thematischen Schwerpunkte: Die Auswirkungen von Krieg und Bürgerkrieg
Die persönlichen Portraits sprechen dabei besonders auch die
politischen und gesellschaftlichen Konflikte der Menschen in den europäischen
Grenzregionen an. In „On the Water“ (HR, 2018) schwingen immer wieder die
Auswirkungen des jugoslawischen Bürgerkriegs auf das Leben der Menschen im
kroatischen Sisak mit, beinahe poetisch aufbereitet durch den Fokus auf das
Leben, das auf den drei Flüssen stattfindet, die diese Stadt umgeben. Die
Kurzdokumentation „Diorama“ (UA, 2018) zeigt die trügerische Ruhe an verminten
Stränden in der Ostukraine und „Nine Month War“ (H, 2018), begleitet eine Familienmutter
nach ihrer Rückkehr von der russisch-ukrainischen Front und ihrem Kampf mit
PTBS.
Auch aktuelle gesellschafts-politische Diskurse werden im Programm aufgegriffen
Einige Filme haben den wachsenden Nationalismus und
Extremismus zum Thema gemacht. Beispielhaft hierfür sind die beiden Filme „Der
zweite Anschlag“ (D, 2018) und „Exit“ (N/ D/ S 2018), die im Freitagsprogramm
direkt nacheinander gezeigt wurden. „Der Zweite Anschlag“ ist ein Film, der
beschämt, auch weil er dem Zuschauer eine gewisse Abgestumpftheit gegenüber den
Hinterbliebenen rechtsextremistischer Gewalttaten in Deutschland aufzeigt. Bei
„Exit“ wiederum kämpft man mit Übelkeit ob der teils schonungslosen, teils
krassen Rhetorik seiner Protagonisten. Die sind inklusive der Filmemacherin
allesamt Aussteiger aus dem rechten, linken oder religiösen Extremismus. Der
persönliche Blick auf diese Menschen ist stellenweise problematisch, gerät er
doch immer wieder zu einem Rechtfertigungsmechanismus des „Aber jetzt bin ich
ja anders“, zeigt aber auch die mechanischen Ähnlichkeiten aller Formen von
Extremismus auf.
In die gleiche Kategorie Film fällt dann auch der Film „Lord
of the Toys“ (D, 2018), der Gewinner der diesjährigen goldenen Taube, der schon
bei seinen Screenings kontrovers diskutiert wurde. Der Vorwurf: Der Film würde
undifferenziert mit den diskriminierenden, frauenfeindlichen und rassistischen
Aussagen seiner Protagonisten umgehen. In einer Pressemitteilung äußerte sich
Festivalleiterin Leena Pasanen hierzu: „Wir teilen nicht die
Haltung, dass dieser Film affirmativ ist. Mit seinen präzisen Beobachtungen und
einer kritischen Einordnung legt er eine Jugendkultur und deren erschreckende
Sprache offen, die das Internet bewusst nutzt“.
Auch bei anderen Filmen wurde – teils sehr
einseitig – diskutiert. So wurde dem Regisseur von „Die Tage wie das Jahr“ (A,
2018), der über einen österreichischen Biobauernhof erzählt, nach dem Film von
einer Zuschauerin geraten, sich doch selbst zur Schlachtung zu führen. Eine
Aussage, die für den Film völlig unangemessen war. Für lebhafte Diskussionen
sorgte auch der Film „#Female Pleasure“ (CH/ D, 2018). Er ist wohl der
breitentauglichste Film des diesjährigen Festivals. In ihm wird die globalen
Systematik der Misogynie gezeigt, dargestellt an seinen fünf Protagonistinnen:
Einer japanischen Künstlerin, die wegen ihrer Kunst der Unzüchtigkeit angeklagt
wird, einer Inderin, die das Konzept der Liebesheirat verteidigt, einer Britin
afrikanischer Herkunft, die Aufklärungsarbeit im Bereich Genitalverstümmelung
betreibt, einer amerikanischen Jesidin, die minderjährig zwangsverheiratet
wurde und einer deutschen Nonne, die in ihrem Konvent der Vergewaltigung
ausgeliefert war. Bei einem Thema, das so aktuell diskutiert wird wie dieses,
bleibt es nicht aus das beim Q&A nach dem Screening miteinander diskutiert
und der Film kommentiert wird. Neben einigen enttäuschten Frauen wurde
schließlich auch ein Quotenmann gebeten sich zu äußern, der jedoch aufgrund der
weiblichen Überzahl verschüchtert nur auf Allgemeines beschränkte. Dennoch bietet
dieser Film eine echte Chance, Männern und Frauen ins Gespräch zu bringen.
Auch schleswig-holsteinische Produktionen sind dabei
„Der
Esel hieß Geronimo“ (D, 2018) ist gleichsam eine Retrospektive auf die Große
Ochseninsel in der Ostsee und ein Portrait über seine ehemaligen Bewohner,
welche die Insel bereits vor Jahren verlassen haben. In allen Gesprächen
schwingen die noch schwelenden Konflikte mit, aber auch der Wunsch, das
Geschehene zu verarbeiten. In „Die
Sinfonie der Ungewissheit“ (D, 2018) von Claudia Lehmann wird einem Professor für theoretische
Elementarteilchenphysik die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt. Dabei
heraus kommt ein Dialog mit erstaunlich philosophischen Antworten, die immer
wieder durch Musik-Performances in der Soundscape des DESY durchbrochen wird.
Alles in Allem war das Programm der
diesjährigen DOK Leipzig um einiges dichter gestrickt als in den letzten
Jahren. Die kleinen und größeren Skandale, die dieses Publikumsfestival mit
sich bringt, zeigen immer wieder, wo der gesellschaftliche Diskurs derzeit am meisten
geführt wird und welche Aufgabe, welche Verantwortung Filmemacher*innen und
Kinobetreiber*innen haben.
Mit einem vollbesetzten Finale endete am Samstag das Internationale Meeresfilmfestival Cinemare im metroKino Kiel. Zu Gast diesmal nicht nur Filmemacher*innen und Filmliebhaber, sondern die beinah gesamte Politikprominenz aus Kiel inklusive Björn Engholm. Till Dietsche mitten drin, stets lächelnd, wie er eben ist. An diesem Abend sogar strahlend. Wir erzählen euch im Rückblick, was das neue Festival in Kiel so einzigartig macht.
Bericht Jessica Dahlke
Kino im Hause des Schirmherrns Ulf Kämpfer
Eigentlich könnte man denken, wer ein neues Festival macht, der veranstaltet seine Eröffnung in einem Kino. Das Cinemare hatte schon im letzten Jahr gezeigt, das sie andere Wege gehen wollen und das Filmfestival klar in der Stadt integrieren. Dieses Jahr sogar ins Herz der Kieler Verwaltung, dem Rathaus. Und nicht nur das. Die neue Partnerstadt von Kiel San Francisco war dank des Schwesternfestivals “International Ocean Festival” auch gleich mit an Bord. Ebenfalls hatten die Festivalmacher*innen trotz des dritten Jahres ihres Bestehens groß gedacht und gleich den NDR und ARTE als Medienpartner mit an Bord geholt, ebenso Sky – die einen Preis stifteten – und Pantaflix, die Vertreter*innen in die Jury entsandten. Auch der Medienstudiengang der FH Kiel, der Mediendom und die Muthesius waren fest mit eingebunden. Schon der Eröffnungsabend zeigte, ein Meeresfilmfestival gehört zu einer Hafenstadt wie Kiel wie Kiel zu einem Meeresfilmfestival gehört. Und man fragt sich, warum eigentlich erst jetzt?
Gewinnerfilm „White Waves“ (E, 2016)
Mit dem Anspruch für eine bessere Welt
Die Eröffnungsreden machten eines deutlich. Hier geht es um mehr als nur Filme schauen. Hier geht es darum, das Medium zu nutzen, um die im Blindflug agierende Weltbevölkerung auf die verheerenden Auswirkungen unserer Lebensweise aufmerksam zu machen. Hier natürlich im Bezug auf die Meere und nicht mit dem Anspruch den Zeigefinger zu heben, sondern mit künstlerischen Mitteln zu zeigen, was wir da gerade am verlieren sind. So sitzt man im Mediendom und schaut ein Walkuh mit ihrem Jungen zu und immer wieder kommt der Gedanke auf, verdammt, werde ich zur letzten Generation gehören, die diese Tiere noch in Wirklichkeit sehen konnten? Ebenso das Thema Plastik, das in fast jedem dritten Film eine Rolle spielte.
Änderungen beginnen bei den Jüngsten
„Einen Bewusstseinswechsel können wir vor allem bei den Jüngsten erreichen”, erklärt Ida von Saltzwedel, die das Schulprogramm des Cinemare betreut und dabei echte Highlights nach Kiel brachte. Darunter der Film „Wonders Of The Sea 3D” (USA, F 2017), der u.a. von Arnold Schwarzenegger produziert wurde. Begleitet wurden diese Vorstellungen von Expert*innen des Geomar, die von den Schüler*innen mit Fragen gelöchert wurden.
Gewinnerfilm „Sealers One Last Hunt“ (N, 2016)
Kunst und Wissenschaft zusammengebracht
Neben den gut besuchten Eröffnungsfilmen und dem Finale inklusive Premiere der ARTE Produktion „1918 – Aufstand der Matrosen”, war auch der Meereskurzfilmabend bis auf dem letzten Platz besetzt. Den Kurzfilmpreis gewann dabei der Film „Hybrids” (F, 2017), der sich dem Thema Müll in den Meeren widmete. „Plankton” (UK, 2018) erhielt den Publikumspreis, ein wirklich humorvoller Film, in dem Plankton synchronisiert wurde. Ebenfalls einen Preis erhielt die Kielerin Lisa Hoffmann für „On Scene”, der sich mit Traumata von Fotografen in Kriegsgebieten beschäftigte.
Da es mir nicht möglich war alle Filme zu sehen, möchte ich hier nur einige weitere Filme vorstellen.
Captain’s Dream (E, 2018)
Diese Dokumentation begleitet eine Gruppe Künstler*innen in die Antarktis, um dort für kurze Zeit den arktischen Raum künstlerisch zu erschließen. Die Faszination des vom Menschen nur wenig eroberten Kontinents schlägt sich in jeder Überlegung der Künstler*innen nieder, die in den Interviews von ihren Arbeiten erzählen. Da ist der junge Mann, der sich nackt kopfüber in den Schnee stellt oder die Künstler*in, die die Natürlichkeit von Farbe und Licht auf dem Eis erforscht. Ebenso der Klang der Musik, der sich durch die Stille einer unbewohnten Landschaft breitet. Dabei schafft es der Film, die Antarktis mit der Gedankenwelt des Menschens, der ihre Existenz durch den Klimawandel bedroht, zu verschmelzen und einen nachdenklichen Zuschauer zurück zu lassen.
Ocean Gravity (F, 2014)
Ein Apnoe-Taucher taucht in der Stille des Meeres über den Meeresboden. Der Film verschiebt dabei die Perspektive und vermittelt so das Fehlen vom Kleben am Boden und den neuen Möglichkeiten, die dadurch entstehen. Ein wunderbar impressiver Kurzfilm.
A Whale Of A Tale (J, 2016)
A Whale Of A Tale (J, 2016)
Jeder, der sich mit Tierschutz beschäftigt, kennt wahrscheinlich den oscarprämierten Dokumentarfilm „Die Bucht”. Darin wird das Delfinschlachten in der japanischen Stadt Taiji angeprangert. Die japanisch-amerikanische Filmemacherin Megumi Sasaki rollt dieses Thema wieder auf und zeigt, dass die schwarz-weiß Darstellung des amerikanischen Films die Verhältnisse gegenüber den Walen und Delphinen vor Ort nicht stehen gelassen werden kann. Sie versucht dabei auch die japanische Seite zu beleuchten und sich dabei möglichst neutral zu verhalten. Ein Film mit einem hohen Anspruch auf Reflexion, der es sich eben nicht so leicht macht, ein Urteil über die Delfinfänger zu machen und dennoch ihnen gegenüber kritisch bleibt. Im Anschluss des Films erzählte der Delfinschützer Richard O’Barry über die aktuelle Lage und warum es so wichtig ist, mehr für den Schutz der Wale zu tun.
The Secret World Of Foley (UK, 2015)
Wisst ihr was Foley ist? Um ein schönes Sounddesign zu bekommen werden Filme auch auf der Soundebene komplett oder teilweise nachvertont. Die Geräuschemacher sind Mittelpunkt dieses Films, mit hohem Unterhaltungswert.
Dolphin Man (F, 2017)
Dolphin Man – Mit Einem Atemzug In Die Tiefe (F, 2017)
Der Film erzählt die Lebensgeschichte des Delfinliebhabers und Apnoetauchers Jacque Mayol, der sein ganzes Leben dem Wasser widmete. Dabei arbeitet der Filmemacher mit historischen Material und gibt so einen spannenden Einblick in die Biografie des Mannes. Ein Film, den man bis zum Ende folgt, als wäre es das eigene Leben gewesen. Er zeigt, wie wichtig eine Leidenschaft für einen Menschen ist und wie dramatisches dieses Leben endet, wenn die Leidenschaft von einem Tag auf dem anderen wegbricht.
Plastik In Jeder Welle (D, 2017)
Zwar kommt dieser Film wie eine klassische Fernsehdoku daher, was sie auch ist. Dennoch vermittelt er eindringlich das Problem der Plastikvermüllung der Meere und zeigt, dass diese kein Problem ärmerer Länder ist, sondern auch eines der Küsten Schleswig-Holsteins.
1918 – Aufstand der Matrosen (D, 2018)
Das Meeresfilmfestival Cinemare 2019
Auch im nächsten Jahr wird es Ende Oktober wieder ein Meeresfilmfestival in Kiel geben. Durch die Förderung der Stadt Kiel ist die Existenz des Festivals für die nächsten drei Jahre gesichert. Natürlich kommt da die Frage auf, wie es weiter geht mit den Filmfestivals in Kiel? Denn neben dem Cinemare gibt es auch das Filmfest Schleswig-Holstein, das als Schaufenster der schleswig-holsteinischen und Kieler Filmszene eine wichtige Rolle einnimmt, jedoch mit seinem niedrigen Budget keine großen Sprünge machen kann. Als Werkschau der Filmszene sollte die Filmwerkstatt Kiel enger mit den Hochschulen zusammenarbeiten und eine Verbreiterung des Angebots ins Auge fassen. Zu den Kurz- und Dokumentarfilmen sollten neue Formate wie VR, 360°, Medienkunst und Corporate Videoformaten sowie Webformate hinzu kommen. Zudem ist eine Ausweitung von der Pumpe in die Stadt hinein, also in andere Kinos, notwendig, um neue Zuschauerkreise zu erreichen. Hier könnte das Filmfest Schleswig-Holstein klar an Profil gegenüber anderen Festivals wie dem Filmforum in Lübeck gewinnen. Zuletzt könnte es für ein so ausgerichtetes Festival und den Hochschulstandort Medien ein wichtiges Signal sein, wenn sich Stadt und Land hier auch finanziell mehr engagieren.
Preisträger des Cinemare Filmfestivals
Sealers One Last Hunt – Seefahrerpreis
Reefs At Risk – Wissenschaftsvermittlungspreis
Hybrids – Kurzfilmpreis
White Waves – Meeresschutzpreis (dotiert)
On Scene – Deutscher Kurzfilmpreis
Wale Vor Unserer Küste – Deutscher Meeresfilmpreis
Plankton – Publikumspreis Kurzfilm
1918 – Aufstand der Matrosen – Publikumspreis Spielfilm
In das Rennen um den mit 12.500 Euro dotierten NDR-Filmpreis gehen insgesamt 17 Filme im Spielfilmwettbewerb der 60. Nordischen Filmtage Lübeck (30.10.-04.11.2018), darunter 9 Spielfilmdebüts. Dass zugleich viele der Filmschaffenden und Castmitglieder nach Lübeck kommen, ist für das Festival eine große Ehre, und das Publikum freut sich auf den direkten Austausch mit den Filmgästen. Eröffnet wird das Festival am 30. Oktober 2018 – erstmals mit einem Film aus Estland: „Die kleine Genossin“ (EE 2018) von Moonika Siimets schildert die Schrecken und Wirrnisse der Stalinzeit aus der Perspektive eines 6-jährigen Mädchens. Die Regisseurin reist zusammen mit ihrem Hauptcast sowie Teammitgliedern in die Hansestadt, um ihr Spielfilmdebüt persönlich vorzustellen.
Im diesjährigen Wettbewerb treffen etablierte Filmschaffende, die bereits mehrfach im Programm der Nordischen Filmtage Lübeck vertreten waren, auf vielversprechende Newcomer. Dabei sind die baltischen Staaten neben Moonika Siimets mit zwei jungen innovativen Filmemacherinnen aus Litauen vertreten. Giedrė Beinoriūtė stellt ihre Familientragödie „Breathing into Marble“ (LT/LV/HR 2018) vor und Marija Kavtaradze ihre melodramatische Komödie „Summer Survivors“ (LT 2018), deren Hauptdarstellerin Gelmine Glemzaite ebenfalls in Lübeck sein wird.
Aus Island reist die Regisseurin Isold Uggadóttir an, die in „Atme ganz normal“(IS/SE/BE) vom Schicksal zweier unterschiedlicher Frauen erzählt, die unter ungewöhnlichen Umständen aufeinander angewiesen sind. Ein weiterer „Insel“-Film ist „Nina“ (DK/FO 2018) von Maria Winther Olsen, die das Leben und die Einsamkeit auf den Färöern aus der Sicht einer aus Kopenhagen zugezogenen jungen Frau beschreibt.
Mit seinem ersten Spielfilm „Ditte & Louise“ (DK 2018) zu Gast in Lübeck ist Niclas Bendixen, der darin auf humoristische Art und Weise Geschlechterrollen hinterfragt. Begleitet wird er von seinen beiden Drehbuchautorinnen und Hauptdarstellerinnen Ditte Hansen und Louise Mieritz. Ebenfalls aus Dänemark kommen Regisseur Kasper Kalle und die Schauspielerin Rosalinde Mynster. Sie präsentieren den Historienfilm „Christian IV. – Die letzte Reise“ (DK 2018), der über weite Strecken einer Pferdekutsche spielt.
Für Norwegen gehen Camilla Strøm Henriksen und Tuva Novotny ins Rennen. Bisher in erster Linie als Schauspielerinnen bekannt, sorgen sie nun mit ihren Regiedebüts für Furore. Strøm Henriksens nutzt in „Phönix“ (NO/SE 2018) Stilelemente des Horrorgenres für die Geschichte der 13-jährigen Jill, die unter dem Verlust ihres Vaters und dem psychisch labilen Zustand ihrer Mutter leidet. Novotnys Tragödie „Blinder Fleck“ (NO/DK 2018) begleitet die Eltern eines jungen Mädchens nach einem plötzlichen Unglück – Der Film wurde in einer einzigen Einstellung gedreht.
Neben diesen neuen Gesichtern sind gleich drei ehemalige Gewinner des NDR-Filmpreises mit ihren neuesten Arbeiten im diesjährigen Wettbewerb vertreten: Baldvin Z. aus Island zeichnet in „Lass mich fallen“ (IS/DE/FI 2018) die Abwärtsspirale einer in die Drogenszene geratenen Jugendlichen akribisch nach. Henrik Martin Dahlsbakken stellt zusammen mit seiner Hauptdarstellerin Andrea Bræin Hovig seinen neuen Film „Eine Affäre“ (NO 2018) vor. Sie spielt darin eine Lehrerin, die eine verhängnisvolle Romanze mit ihrem Schüler eingeht. Michael Noers „Vor dem Frost“ (DK 2018) zeichnet ein Porträt des bäuerlichen Lebens im Dänemark des 18. Jahrhunderts, das in Lübeck von dem Schauspieler Rasmus Hammerich vorgestellt wird. Und Klaus Härö, der bereits zweimal den Publikumspreis der Lübecker Nachrichten gewinnen konnte, präsentiert zusammen seinem Hauptdarsteller Heikki Nousiainen „Ein unbekannter Meister“ (FI 2018).
Benedikt Erlingsson, dessen Debüt „Von Pferden und Menschen“ das Festival 2013 eröffnete, schickt in diesem Jahr „Gegen den Strom“ (IS/FR/UA) ins Rennen, eine sympathische Komödie über eine Chorleiterin, die als Umweltaktivistin dem nationalen Energiekonzern die Stirn bietet. Heikki Kujanpää erzählt in seinem Historiendrama „Lach oder stirb“ (FI/SE/LV 2018) von den Herausforderungen eines Schauspielers am Ende des finnischen Bürgerkrieges. Der Regisseur wird aus Finnland anreisen, ebenso wie Simo Halinen, der in Lübeck sein Thrillerdrama „Wendepunkt“ vorstellt. Mit stimmigem Zeitkolorit hat Hannes Holms in „Ted – Alles aus Liebe“ (SE/NO 2018) ein berührendes Porträt des Musikers Ted Gärdestad gezeichnet, der von Adam Pålsson verkörpert wird. Regisseur und Schauspieler freuen sich ebenfalls schon auf die Nordischen Filmtage.
Die Filme des Spielfilmwettbewerbs sind, neben dem NDR Filmpreis, auch für den Publikumspreis der „Lübecker Nachrichten“ und den „Kirchlichen Filmpreis INTERFILM“ nominiert, entsprechende Filme zudem für den „Baltischen Filmpreis für einen nordischen Spielfilm“. Die Spielfilmdebüts der Sektion nehmen an der Abstimmung zum erstmalig ausgelobten „Preis des Freundeskreises für das Beste Spielfilmdebüt“ teil, dieser ist mit 7.500 Euro dotiert.
„Menschliche Dramen, soziale Missstände und gesellschaftliche Umwälzungen sind das Salz in der Suppe der neuen Generation Serien“, so Christian Modersbach, Kurator der Sektion bei den Nordischen Filmtagen Lübeck. Diese neue Generation spiegelt sich mit spannenden und variantenreichen Folgen im Serienprogramm der 60. Nordischen Filmtage Lübeck wieder.
So geht „Die Brücke – Transit in den Tod“ (SE/DK 2017) in die vierte und letzte Runde. Ein letztes Mal widmen sich die Kommissare Saga Norén und Henrik Sabroe einem Mordfall auf beiden Seiten der Øresundbrücke und beenden damit eine der erfolgreichsten TV-Produktionen Dänemarks. Ganz neu ist ein finnisches Comedy Format über einen pubertierenden Computer-Nerd, der als „DragonSlayer 666“ in der virtuellen Welt Zuhause ist, sich aber plötzlich in der realen Welt durchschlagen muss. Ebenfalls vor neue Herausforderungen gestellt, sieht sich das Teenie-Idol Thomas Hayes, der in „His Name is not William“ (NO 2018) nicht glauben kann, dass seine Karriere vorbei sein soll. Mit ganz anderen Problemen sehen sich die Protagonisten zweier weiterer Serien konfrontiert: In „Die Wege des Herrn“ (DK 2017) muss sich ein Pfarrer eingestehen, dass sein Lebensweg nicht der seiner Söhne ist, glänzend besetzt mit Lars Mikkelsen in der Hauptrolle. Serien Creator ist Adam Price, der zuvor schon für die mehrfach ausgezeichnete international erfolgreiche Serie „Borgen – Gefährliche Seilschaften“ verantwortlich zeichnete. „Home Ground“ (NO 2018) setzt auf eine Fußballtrainerin, gespielt vom norwegischen Schauspielstar Ane Dahl Torp, welche erst noch die richtigen Pfade in einer männerdominierten Welt einschlagen muss. Ane Dahl Torp war bei den NFL zuletzt im 2014er Eröffnungsfilm „1001 Gramm“ zu sehen. Regisseur Arild Andresen war zuvor ebenfalls 2010 und 2011 mit Spielfilmen bei den Nordischen Filmtagen in Lübeck vertreten und kommt persönlich in die Hansestadt, um jetzt seine Serie zu präsentieren.
Ebenfalls in die Hansestadt kommen Schauspielerin Shima Niavarani und Autor Niclas Carlsson, zwei Mitglieder der „Happy at Sea“ (SE 2018) Filmcrew. Freuen kann sich das Publikum hier auf ein humoristisches Familienportrait mit Tiefgang. Ebenso kommt Regisseur Petter Næss zum Festival, der mit der Serie „State of Happiness“ (NO/BE 2018) nicht nur die Geschichte von vier jungen Menschen zu Zeiten von Norwegens Suche nach Öl im Jahr 1969 erzählt, sondern auch die Entwicklung des norwegischen Wohlfahrtsstaates nachzeichnet.
Das Studio Filmtheater am Dreiecksplatz und das Traumkino Kiel wurden am Donnerstag mit dem bundesweiten Kinoprogrammpreis ausgezeichnet. Der Preis ehrt die kulturell herausragende Programmgestaltung der Kinos. Dabei ist es unwesentlich, ob es sich um kleine Programmkinos oder Großstadt-Filmtheater handelt. Auch die Sparten Jugend-, Kurz-, und Dokumentarfilm wurden berücksichtigt.
Prof. Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, würdigte das Kurzfilmprogramm des Studio Filmtheaters am Dreiecksplatz. Schon im Vorjahr waren Inhaber Dennis Jahnke und Matthias Ehr für ihr Dokumentar- und Kurzfilmprogramm ausgezeichnet worden. Zudem wurde das Traum-Kino für sein hervorragendes Jahresfilmprogramm 2017 prämiert.
Den Spitzenpreis gewann das Kino am Raschplatz
in Hannover. Hier wird die Verleihung im kommenden Jahr stattfinden.
Mit den Kinoprogramm- und Verleiherpreisen
würdigt und fördert der Bund die Vielfalt von
Filmkunst in Deutschland und Europa. Diesjähriger Gastgeber war das Cinema & Kurbelkiste in Münster, das im Vorjahr
den Spitzenpreis erhalten hatte.
Es brodelt wieder in der Filmszene in Schleswig-Holstein. Der Grund ist ein Blick in das Programm des Filmforums in Lübeck, in dem originäre Filme aus dem Land erneut unterrepräsentiert sind. Nach einem ersten Anstieg der schleswig-holsteinischen Filme im letzten Jahr, fällt die Ausbeute für hiesige Filmschaffende 2018 wieder mager aus. Wir zeigen auf, warum den Filmemacher*innen das Filmforum so wichtig ist und warum hier dringender Handlungsbedarf besteht.
Ein Bericht von Jessica Dahlke
Schleswig-Holstein brechen die Schaufenster weg
Das Filmforum ist eine Untersektion der Nordischen Filmtage Lübeck, die sich im Schwerpunkt mit dem skandinavischen Kino beschäftigen. 1988 gegründet war es das zweite Festival, auf dem schleswig-holsteinische Filmemacher*innen ihre Filme zeigen konnten, 1986 waren bereits die Husumer Filmtage mit dem gleichen Ziel gestartet. 1993 folgte die Augenweide in Kiel, die inzwischen Filmfest Schleswig-Holstein heißt. Durch eine Fusion mit den Nordischen Filmtagen Lübeck gehörte das Filmforum Schleswig-Holstein schließlich zum Festival. Seit 2007 dürfen auch Hamburger Produktionen ihre Filme in der Sektion einreichen. Seitdem heißt das Programm nur noch Filmforum.
Liest man die Seite der Landesregierung, so soll das Filmforum, das hier noch Filmforum Schleswig-Holstein heißt, dafür sorgen, dass “schleswig-holsteinische Filmproduktionen in die Programme in- und ausländischer Festivals (gelangen)”. Diesen Auftrag kann das Filmforum heute nicht mehr erfüllen, da viele Vertreter*innen der Filmszene Schleswig-Holstein fehlen. Und das obwohl das Land keine unwesentlichen Gelder in das Festival steckt. 70.000 Euro im Jahr. Damit ist zwar auch das skandinavische Festival, die Nordischen Filmtage gemeint, aber eben auch das Filmforum.
Schleswig-Holstein zu Gast im eigenen Filmforum
Betrachtet man die Filmauswahl der letzten sieben Jahre (nur Titel, nicht nach Spielzeit), so gibt allein dieser kurze Zeitraum ein trauriges Bild wieder. Selbst im guten Jahr 2017 wurde ein Anteil von 50 Prozent nicht erreicht. 2015 rutschte dieser sogar auf 25 Prozent. Zählte man nur originäre Filme aus Schleswig-Holstein oder berücksichtigte man die Spielzeiten, so wären die Zahlen bei weitem niedriger.
Jahr
Schleswig-Holstein
Hamburg
sonstige (MVP, NS, HB)
2018
39 %
57 %
4 %
2017
48 %
38 %
14 %
2016
29 %
58 %
13 %
2015
25 %
63 %
12 %
2014
41 %
57 %
2 %
2013
33 %
57 %
10 %
2012
38 %
57 %
5 %
In die Zahlen eingerechnet wurde, ob ein SH-Bezug bei den Filmen besteht. Dabei reichte es, wenn Filmschaffende in SH geboren sind, das Thema über Schleswig-Holstein handelt oder in SH vorwiegend (!) gedreht wurde. Die Prozente sind aufgerundet. Sie basieren auf Recherchen über die Filmemacher*innen und Produktionen und haben keinen wissenschaftlichen Anspruch.
Wo sind unsere Plattformen?
Auch das Filmfest Schleswig-Holstein wird immer weniger seiner Rolle als Plattform für die Filmemacher*innen gerecht. Wir berichteten. Die Husumer Filmtage suchen mit ihrem Programm inzwischen andere Wege, daher lassen wir sie hier außen vor. Von einer Unterstützung der Filmszene im Land, wie sie in jedem anderen Bundesland zu finden ist, kann keine Rede mehr sein. Ein zweites Manko der beiden Festivals ist, dass die Hochschulen kaum bis gar nicht eingebundene werden, obwohl diese jedes Jahr mindestens ein kleines Filmprogramm hervorbringen. An der Produktion von Filmen mangelt es also nicht. Von den etablierten Filmemacher*innen ganz zu schweigen.
Was sollte getan werden?
Was also tun, um die Filmschaffenden auch in der Distribution ihrer Filme wieder mehr zu unterstützen? Das Filmfest Schleswig-Holstein muss finanziell besser aufgestellt werden, damit es seinem Auftrag laut Namen gerecht werden kann. Vor allem im Marketing und personell stößt das Filmfest an seine Grenzen. Zudem sollte man sich mit den Hochschulen zusammensetzen und an einem Studierenden-Programm inklusive Studienpreis arbeiten. Dabei sollte neue Medien wie VR, Gamedesign, Medienkunst und 360 ° Grad Projektionen mit eingebunden werden. Das bietet die Chance, neue Zielgruppen zu erreichen. Eine ähnliche Vernetzung zu den Hochschulen sollte es auch beim Filmforum geben. Der Auftrag sollte klar formuliert sein, dass das Forum ein Schaufenster der Schleswig-Holsteinischen Szene mit all ihren Aspekten ist. Und ein Anteil von mindestens 50 Prozent sollte bei einem Festival, das in Lübeck spielt mindestens drin sein.
In der neuen Ausgabe des Kulturmagazins Schleswig-Holstein findet ihr ab sofort ein sechsseitiges Interview, das Jessica Dahlke mit dem Webmusical-Macher Rainer Niermann und dem Choreograph Bart de Clercq geführt hat. Einen Teil des Interview gibs im Netz zu lesen, den Rest erhaltet ihr am Bahnhofskiosk eures Vertrauens.
Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Diese Seite verwendet Google Analytics. Weitere Informationen
Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.